Knut Büttner, Heike Flach, Jens Flach, Barbara Henn, Erich Rüger, Michael Schäffler, Tobias Wolfsteiner

tactiles.eu – 3-D-Modelle und mehr

Knut Büttner, Heike Flach, Jens Flach, Barbara Henn, Erich Rüger, Michael Schäffler, Tobias Wolfsteiner

Aus einem im Jahr 2019 gestarteten Erasmus+-Projekt heraus ist eine Webseite entstanden, die dem internationalen Austausch von taktilen Medien für Schülerinnen und Schüler mit Blindheit gewidmet ist. Sie ist seit März dieses Jahres unter der Webadresse https://tactiles.eu erreichbar.

Das ursprünglich 3D4VIP genannte Projekt (3D for Visually Impaired Persons) mit Kooperationspartnern aus den Niederlanden (Royal Dutch Visio), Schottland (Sight Scotland), Spanien (ASPAYM) und Deutschland (blista Marburg und Schloss-Schule Ilvesheim) hatte das Ziel, 3-D-Druck für Schülerinnen und Schüler noch stärker zu etablieren.

Während die Bedeutung von Modellen im Unterricht mit blinden Schülerinnen und Schüler im deutschsprachigen Raum weithin anerkannt ist und seit fast 10 Jahren an vielen Standorten durch 3-D-Druck unterstützt wird, scheint dies nicht für alle Länder in Europa zuzutreffen. Eine Teilgruppe widmete ihre Arbeit daher der Produktion kurzer Videos, welche die Bedeutung von Modellen allgemein und den Einstieg in den 3-D-Druck thematisieren. Ziel ist es, damit die Akzeptanz für den Einsatz von 3-D-Modellen zu erhöhen und Interessentinnen wie Interessenten die Angst vor dem Einstieg in diese Thematik zu nehmen.

Startseite – tactiles.eu zeigt einen Screenshot mit dem schwarz-gelben Logo mit dem Schriftzug „tactiles“.

Abbildung 1: Startseite – tactiles.eu

Damit 3-D-Modelle erfolgreich im Unterricht eingesetzt werden können, müssen sie einige qualitative Grundanforderungen erfüllen. Ein Bereich der tactiles.eu-Webseite stellt daher mit ausführlich beschriebenen und bebilderten Texten Hilfen und Richtlinien für die Erstellung von 3-D-Druck-Modellen bereit. Beginnend mit der Fragestellung, für welche Aufgaben sich 3-D-Druck eignet und bei welchen man lieber auf andere Medien ausweicht, werden Empfehlungen zu optimalen Abständen, Liniendicken, Brailleschrift, Modellgrößen, Oberflächen­texturen, Nachbearbeitung von Modellen und vieles mehr ausführlich beschrieben.

Hauptanliegen des Erasmus+-Projekts war die Erstellung einer neuen und auf die Bedürfnisse des Fachbereichs „Unterricht für blinde Schülerinnen und Schüler“ angepassten Datenbank zum Austausch von 3-D-druckbaren Modellen. Von dieser darf sich jeder bedienen und kann umgekehrt auch selbst erstellte Modelle teilen. Alle in der Datenbank veröffentlichten Modelle stehen unter der Creative-Commons-Attribution-ShareAlike-3.0-Lizenz.

Ansicht der Modellübersichtsseite mit Filtermöglichkeiten – tactiles.eu zeigt einen Screenshot mit 9 verschiedenen Modellen.

Abbildung 2: Ansicht der Modellübersichtsseite mit Filtermöglichkeiten – tactiles.eu

Beitragsseite Modell eines Vulkans – 3-D-Rendering – tactiles.eu zeigt einen Screenshot mit Anleitungen und Kommentaren in englischer Sprache.

Abbildung 3: Beitragsseite Modell eines Vulkans – 3-D-Rendering – tactiles.eu

Zum Start wurden, aufbauend auf den bereits erwähnten Richtlinien, 25 Modelle zu unterschiedlichen Fächern von der Projektgruppe entwickelt und in die Datenbank eingepflegt.

In der Hoffnung auf eine schnell wachsende Basis von Modellen aus der Gemeinschaft der Blindenpädagoginnen und Blindenpädagogen wurde bei der Gestaltung der Datenbank viel Wert auf eine gute Auffindbarkeit von Modellen geachtet. So gibt es die Möglichkeit, Modelle anhand einer Freitextsuche zu finden und umfangreiche Suchfilter zu aktivieren. Vorschaubilder ermöglichen einen schnellen Überblick über die Suchergebnisse.

Jedes Suchergebnis lässt sich auch im Detail betrachten. Es präsentiert sich dann mit einer interaktiven 3-D-Voransicht und gibt Auskunft über den Einsatzzweck oder Hinweise zum Druckprozess. Modelle, die aus mehreren Einzelteilen bestehen, können „in einem Rutsch“ heruntergeladen werden. Wer an einem Modell Gefallen gefunden hat, erhält entweder von der Erstellerin bzw. vom Ersteller oder vom System Vorschläge zu ähnlichen Modellen. Wenn die Modellerstellerin und der Modellersteller bereit dazu sind, nicht nur eine druckbare 3-D-Datei zur Verfügung zu stellen, sondern auch die Quelldatei aus der diese erstellt wurde, so kann er diese ebenfalls teilen. Auf diese Weise ist es leicht, Anpassungen, wie z. B. Tausch einer Beschriftung von 8-Punkt-Braille nach 6-Punkt-Braille, vorzunehmen.

Getting-Started-Videos – tactiles.eu, ebenfalls ein Screenshot, zeigt eine Frau an einem Tisch mit 3-D-Modellen vor einer Pinnwand. In der Untertitelung ist der Text „brauchen wir 3-D-Modelle um das Verständnis“ eingeblendet.

Abbildung 4: Getting-Started-Videos – tactiles.eu

Beispielartikel aus den Leitfäden zur 3-D-Modellerstellung – tactiles.eu zeigt einen Screenshot, der Text ist in englischer Sprache.

Abbildung 5: Beispielartikel aus den Leitfäden zur 3-D-Modellerstellung – tactiles.eu

Da es bei Modellen sehr sinnvoll sein kann, weitere Informationen für den Betrachter oder die Betrachterin zur Verfügung zu stellen, lassen sich für jedes Modell zusätzliche Informationsseiten einrichten, die entweder über einen vom System automatisch generierten und auf dem Modell aufgeklebten QR-Code aufgerufen werden können oder über einen im Modell platzierten NFC-Tag. Auf den Informationsseiten können so z. B. weiterführende Beschreibungen zum Modell, Legenden zur Beschriftung oder auch Spielregeln hinterlegt werden.

Neben 3-D-Druck-Modellen bietet die Datenbank zusätzlich die Möglichkeit an, taktile Abbildungen zu hinterlegen. An die Stelle des beweglichen 3-D-Modells rückt dann eine Voransicht der Abbildung im PDF-Format.

Wie bereits angesprochen ist die Datenbank für Austausch angelegt. Dazu gehören unterschiedliche Möglichkeiten, auf die nach einer einfachen Registrierung zugegriffen werden kann. Über einfache Onlineformulare wird jede Benutzerin bzw. jeder Benutzer beim Einstellen eigener 3-D-Modelle, taktiler Abbildungen oder Informationsseiten unterstützt, sodass dafür keine Vorkenntnisse in der Webseitenerstellung notwendig sind.

Leitfaden – Drucken mit sehbehinderten Schülerinnen und Schülern – tactiles.eu zeigt einen Screenshot mit Text zum Thema „General Information on OpenSCAD“.

Abbildung 6: Leitfaden – Drucken mit sehbehinderten Schülerinnen und Schülern – tactiles.eu

Neben dem Veröffentlichen von Modellen und taktilen Abbildungen ist es nach einer Anmeldung auch möglich, sich mit Kommentaren zu einem Modell oder einer Abbildung direkt zu äußern, über ein integriertes Nachrichtensystem mit anderen Benutzerinnen und Benutzern zu kommunizieren oder einen persönlichen Blog zu führen.

Um weitere Zusammenarbeit zu fördern, können auch Gruppen angelegt werden, deren Mitglieder einen abgegrenzten Bereich zum Austausch erhalten.

Ein weiterer Projektteil befasst sich mit den Möglichkeiten, 3-D-Druck für blinde Schülerinnen und Schüler selbst erfahrbar zu machen. Da grafisch ausgelegte Programme dafür wegfallen, wurde ein Weg beschritten, der 3-D-Objekte durch Programmierung erzeugt. Eine Sammlung von Beiträgen erklärt die Voraussetzungen und notwendigen Arbeitsschritte, um blind 3-D-Modelle erstellen zu können.

Als international angelegtes Projekt ist tactiles.eu vorwiegend englischsprachig. Jedwede Veröffentlichungen über die Webseite dürfen aber auch in anderen Sprachen erfolgen. Die Suche ermöglicht es, Beiträge nach den am weitesten verbreiteten Sprachen Europas zu filtern.

Auch wenn die Webseite noch recht jung ist, so hat sie auch bereits außerhalb Europas Beachtung gefunden. Es besteht die Hoffnung, dass dieses System zu einer internationalen zentralen Anlaufstelle für taktile Abbildungen für blinde Schülerinnen und Schüler werden kann. Weitere Module, wie z. B. die Möglichkeit, auch visuell optimierte Abbildungen zu teilen, sind bereits in Planung.

Ein Projekt wie tactiles.eu muss durch eine aktive Nutzergemeinde gepflegt und mit Inhalten befeuert werden. Wir laden daher alle Leserinnen und Leser von blind-sehbehindert dazu ein, sich die Seite anzuschauen, die Informationen und Medien zu nutzen und ihre selbst erstellten Inhalte mit anderen Menschen auf der ganzen Welt zu teilen. Kontakt zur Projektgruppe ist über das auf der Seite vorhandene Kontaktformular möglich. Gerne leisten wir Hilfestellung und freuen uns über Lob und Anregungen.

Knut Büttner

blista Marburg

E-Mail: k.buettner@blista.de

Heike Flach

blista Marburg

E-Mail: h.flach@blista.de

Jens Flach

blista Marburg

E-Mail: flach@blista.de

Barbara Henn

Schloss-Schule Ilvesheim

E-Mail: barbara.henn@sbbz-ilvesheim.de

Erich Rüger

Schloss-Schule Ilvesheim

E-Mail: erich.rueger@sbbz-ilvesheim.de

Michael Schäffler

Schloss-Schule Ilvesheim

E-Mail: michael.schaeffler@sbbz-ilvesheim.de

Tobias Wolfsteiner

Schloss-Schule Ilvesheim

E-Mail: tobias.wolfsteiner@sbbz-ilvesheim.de