Am 10. April 2025 hat die UNESCO einen bedeutenden Schritt für das kulturelle Gedächtnis Europas getan: Sie nahm Zeichnungen und Schriften von Kindern und Jugendlichen aus der Zeit von 1914 bis 1950 in das Weltdokumentenerbe auf. Damit stehen diese bewegenden historischen Zeugnisse in einer Reihe mit so herausragenden Dokumenten wie dem Tagebuch der Anne Frank. Die ausgewählten Arbeiten stammen aus 17 führenden Archiven und Museen in Europa und Kanada und eröffnen einen einzigartigen Blick auf das Leben junger Menschen in Krieg und Verfolgung. In ihrem Band „Blicke auf die Welt“, der vor kurzem beim wbv-Imprint ATHENA erschienen ist, stellen Jutta Stroeter-Bender und Kunibert Bering eine Auswahl der Kunstwerke vor.
Die Kinderzeichnungen in „Blicke auf die Welt“ entstanden in dramatischen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts – während der beiden Weltkriege und im Holocaust - aber auch im Alltag und in Friedenszeiten. Sie dokumentieren, wie Kinder und Jugendliche Gewalt, Verlust und Traumata verarbeiten, spiegeln aber auch ihre Hoffnungen auf eine bessere Zukunft. Viele dieser Werke sind die einzigen Spuren, die von ihren Schöpferinnen und Schöpfern geblieben sind – insbesondere von denen, die Krieg und Verfolgung nicht überlebt haben.
Aber die Zeichnungen sind weit mehr als historische Illustrationen: Sie eröffnen Perspektiven auf Konflikte, Frieden und die Widerstandsfähigkeit des Menschen, sind eine Brücke zwischen Generationen und Kulturen und fördern Empathie und Dialog. In einer Zeit, in der sich gesellschaftliche Umbrüche und Krisen aneinanderreihen, erinnern diese Kinderzeichnungen daran, wie wichtig es ist, die Stimmen der Jüngsten zu hören und ihre Sicht auf die Welt zu bewahren - in den zarten Linien und Farben, mit denen Kinder ihre Welt festgehalten haben.
Der Band „Blicke auf die Welt“, der eine Auswahl der Bilder aus dem UNESCO-Weltdokumentenerbe vorstellt, wurde im Rahmen des Forschungsnetzwerks „International Research and Archives Network for Historical Children’s and Youth Drawings“ (IRAND) erarbeitet. Das Netzwerk, das von Jutta Stroeter-Bender und Kunibert Bering gegründet wurde, verbindet seit 2017 weltweit Universitäten, Archive und Forschungsinstitute, um die künstlerischen Arbeiten von Kindern und Jugendlichen wissenschaftlich zu erschließen und als Teil des UNESCO-Friedenspädagogik-Programms zu vermitteln.
Kunibert Bering, Jutta Ströter-Bender
Blicke auf die Welt - Zeichnungen von Kindern und Jugendlichen des 20. Jahrhunderts in Krieg und Frieden (1914 - 1950)
165 Seiten, Bielefeld 2025, 29,90 Euro
ISBN 9783763978243