Knowledge Unlatched (KU) unterstützt Verlage – auch wbv – mit seinem Crowdfunding-Modell beim wissenschaftlichen Publizieren im Open Access. Seit 2021 gehörte der Dienstleister zum multinationalen Wissenschaftsverlag Wiley, zum 1. August ist KU zum amerikanischen Non-Profit-Verlag Annual Reviews gewechselt. Was bedeutet das für Bibliotheken, Autor:innen – und für die wbv OpenLibrary 2026?
Back to the Roots
Wer einen Moment lang geglaubt hatte, mit der Übernahme von Knowledge Unlatched (KU) durch Wiley im Jahr 2021 würde es im Markt für Open-Access-Dienstleister fortan ruhig zugehen, sieht sich nun eines Besseren belehrt. Denn KU hat die Eigentümer gewechselt, ein Move, der besonders Bibliotheken und Wissenschaftsverlage interessieren dürfte: Seit dem 1. August ist KU nicht länger Teil eines Großkonzerns, sondern steht unter dem Dach der US-amerikanischen Non-Profit-Organisation Annual Reviews. Was bedeutet das für alle Akteure, die KU seit Jahren zusammenarbeiten, um neue Wege beim wissenschaftlichen Publizieren zu gehen – darunter auch wbv?
Brückenbauer und Möglichmacher: Wie das KU-Modell Open Access prägt
Knowledge Unlatched war von Beginn an ein Brückenbauer, der mit seiner Dienstleistung die Allianzen zwischen Bibliotheken, Wissenschaft und Verlagen neu justierte. Die Idee: Wissenschaftliche Bücher – vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften, später zunehmend darüber hinaus – sollen im Open Access erscheinen, die Finanzierung sollten aber nicht allein einzelne Bibliotheken oder Forscher:innen stemmen. Was utopisch klingt, machte KU mittels eines innovativen Crowdfunding-Ansatzes wahr. Das Prinzip: Viele Bibliotheken bündeln auf eigene Initiative die Kosten für Open-Access-Publikationen in Konsortien und schaffen so gemeinsam ein wissenschaftliches Gemeingut, das allen zugutekommt. KU hat diese Idee groß gemacht und in der Szene mehr als einen Stein ins Rollen gebracht – auch für Verlage wie den wbv, der seit 2019 mit dem Dienstleister kooperiert und in der wbv OpenLibrary bereits zahlreiche Bände im Open Access verfügbar macht. So entsteht Zugänglichkeit, die nicht an finanzielle Einzelinteressen gebunden ist.
Zwischen Internationalisierung und Identitätsdebatte: KU bei Wiley
Der Schritt unter das Dach von Wiley, einem multinationalen Großverlag, war 2021 für viele in der Open-Access-Community durchaus ein kritischer Moment. Was würde aus einem innovativen, manchmal auch unbequem unabhängigen Akteur werden, wenn er Teil eines globalen Konzerns ist? Viele befürchteten, dass das originelle, auf Teilhabe ausgelegte Modell überformt oder sogar eingeebnet werden könnte. Tatsächlich hat sich die Ausrichtung verändert – internationale Sichtbarkeit und Ressourcen wuchsen, allerdings schrumpfte das Angebot an deutschsprachigen Paketen. Und doch: Das Crowdfunding-Modell zeigte sich bemerkenswert robust und profitierte nicht zuletzt von den neuen Möglichkeiten innerhalb eines großen Netzwerks.
Back to the Roots – und weiter nach vorn: Annual Reviews übernimmt
Jetzt also der erneute Kurswechsel – zurück zur Grundidee: Mit dem Übergang zu Annual Reviews kehrt KU in die Welt der Non-Profit-Organisationen zurück, zu gemeinnützigen Strukturen, auf denen Wissenschaft und Bibliotheken in Europa gründen. Annual Reviews genießt in der Scientific Community allerhöchstes Ansehen, ist finanziell unabhängig und nie an den Aktienmarkt gegangen. Pioniergeist und der Wille, Wissen möglichst vielen zugänglich zu machen, gehören zur DNA dieses traditionsreichen Wissenschaftsverlags. Für KU und seine Partner sind das gute Nachrichten: Die Infrastruktur und das Netzwerk sollen wachsen, ohne die Unabhängigkeit des Crowdfunding-Services zu beschneiden. Hier entsteht eine Synergie aus Bewährtem und Innovativem, die sowohl Stabilität als auch Flexibilität verspricht – eine seltene und wertvolle Kombination in der Welt des wissenschaftlichen Publizierens.
Offenes Wissen braucht neue Ideen – und mutige Allianzen
Was heißt das für Bibliotheken und Verlage? Es bestätigt: Offenheit und Kooperation bleiben das Fundament zukunftsfähiger Wissenschaftskommunikation. Modelle wie das von Knowledge Unlatched verwandeln den Open-Access-Gedanken vom Lippenbekenntnis zum gelebten Alltag für Bibliotheken, Verlage und Autor:innen. Denn freies Wissen entsteht dort, wo Mut zu neuen Finanzierungswegen und Solidarität im Vordergrund stehen. Mit dem Wechsel zu Annual Reviews schlägt das Herz des KU-Modells für Offenheit und eine verlässliche Gemeinschaft als Grundlage für nachhaltige Wissenschaftskommunikation. Das sind essenzielle Werte, gerade in Zeiten, in denen neue Allianzen und robuste Modelle wichtiger denn je sind. Und darum werden wir unser robustes Modell wbv OpenLibrary gemeinsam mit KU, Bibliotheken und Autor:innen weiter gestalten.
Neues Fenster für die wbv OpenLibrary 2026
Seit 2020 ermöglicht das Crowdfunding-Modell die Finanzierung von wichtigen wissenschaftlichen Publikationen im Open Access, getragen von einem breiten Netzwerk aus Bibliotheken und Institutionen. Natürlich werden wir das Erfolgsmodell wbv OpenLibrary auch 2026 mit KU fortsetzen. Ein wichtiger Unterschied ist der neue Start für das Pledging: Durch organisatorische Anpassungen bei KU öffnet sich das Fenster ab September 2025 statt im Frühjahr, wie bisher.
Fragen zur wbv OpenLibrary, zum Pledging und zu den geplanten Titeln für 2026? Die beantwortet Owena Reinke (KU-Koordination) gern.
Infos zum KU-Wechsel zu Annual Reviews
Research Information Oxford University Press 6/25