Die politische Biografie eines Gauleiters

Blogbeitrag "Die politische Biografie eines Gauleiters. Wie es so weit kommen konnte – oder warum Adolf Wagner Gauleiter wurde"

Wie es so weit kommen konnte – oder warum Adolf Wagner Gauleiter wurde 

Die Forschung zur NS-Zeit schreibt dem Gauleiter und Staatsminister Adolf Wagner eine zentrale Rolle zu. Brigitte Zuber betrachtet erstmals Wagners Täterschaft in Form einer politischen Biografie, die zeigt, wie aus dem Bergbaustudenten und Mitglied in einer schlagenden Verbindung an der RWTH Aachen der aggressive NS-Verbrecher wurde. 

Die Autorin schildert die Sozialisation Wagners im politischen Dreieck von Militär, technischer Intelligenz und Großindustrie. Gleichzeitig ermöglicht diese Biografie fundierte Einblicke in das Herrschaftsgefüge, die Funktionen und Netzwerke des NS-Staats.

Brigitte Zuber begann 2009 mit den Arbeiten für ihre Studie „Der Gauleiter. Das Amt ‘Willkür’“ im Rahmen einer Mitarbeit im wissenschaftlichen Team des NS-Dokumentationszentrums München. Schon bald mussten die Vorarbeiten für die Biografie zugunsten anderer Arbeiten eingestellt werden. Später führte die Autorin die biografischen Überlegungen in eigener Sache weiter. 
Besonders unterstützt wurde sie von der Tochter Adolf Wagners, die aus ihren persönlichen Erfahrungen und den von ihrer Mutter übermittelten Kenntnissen immer wieder Hintergrundinformationen geben konnte. Entscheidend dabei war der kritische Blick der Tochter sowohl auf ihren Vater als auch auf ihre Mutter, den sie schon früh – unter anderem durch langjährige Teilnahme an Aktivitäten der antifaschistisch ausgerichteten Münchner Freidenker – erworben hatte. 

»Wie ich Menschen und Waffen herkriege, ist meine Sache. «

Adolf Wagner, Gauleiter, Innen- und Kultusminister in Bayern, war ein Bahnbrecher bei der Errichtung des Konzentrationslager-Systems und Schrittmacher sowohl bei der Ausschaltung der Gewerkschaften als auch bei der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der jüdischen Bevölkerung. Auch die Morde an behinderten Menschen administrierte sein Innenministerium mit. Die Kriegsvorbereitungen im Rahmen des zweiten Vierjahresplans 1936–1939 verstärkte er in einer bis dahin unvergleichlichen Ästhetisierungsoffensive.
Wagners Eifer galt der „Menschenführung”, der Enthemmung und Leistungsmaximierung für den Krieg. Diese Ziele verfolgte er mit brutaler Effizienz, rational kalkulierend und ohne Rück-sicht auf Verluste, getrieben von seinen Idealen des NS-Staates.

Die Autorin:
Brigitte Zuber studierte Psychologie und später Kunstpädagogik, Kunstgeschichte sowie Sozialpsychologie. Ihre Promotion in der kunstpädagogischen NS-Forschung wurde mit dem Hochschulpreis der Stadt München an der Ludwig-Maximilians-Universität ausgezeichnet.

Pressestimme:

„Ein Tyrann ganz nach dem Geschmack der Nazis
Adolf Wagner propagierte die Ausrottung der Juden mit Leidenschaft und ging in seinen Gräueltaten weit über NS-Vorgaben hinaus. Ein Buch zeigt, wie wichtig skrupellose Typen wie er für das Terrorregime der Nazis waren.”
Wolfgang Görl, 04.01.2024, https://sz.de/1.6328376    

Veranstaltungshinweis:

Braunes München. Neue Forschungen über NS-Täterschaft
Mit Thomas Schlemmer, Wolfgang Proske und Brigitte Zuber
26. März 2024 | 19.00 Uhr
NS-Dokumentationszentrum München

 

geschrieben am 20.09.2023

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Schlagworte: Athena bei wbv · Kulturwissenschaft