Apostroph: ein kleines Zeichen mit großer Wirkung

typograisches Zeichen Apostroph in weiß auf einem roten Hintergrund

Tag der Jogginghose oder Sprich-wie-Yoda-Tag: Erinnerungstage schießen jedes Jahr wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden. Manche haben aber eine wirkliche Berechtigung, weil sie etwas ins Licht rücken, das sonst im Alltag schnell in Vergessenheit gerät. Dazu gehört auch der „Tag des typografisch richtigen Apostrophs“ am 9. September. Ein kleines Ding mit großer Wirkung!

Der Apostroph (ja, wirklich DER) ist kein Anführungszeichen und kein dekoratives Element für Werbeschilder und Speisekarten. Das kleine, oft übersehene Zeichen steht für Präzision in Sprache und Typografie. Ein Apostroph ist ein orthografisches Satzzeichen, das gewöhnlich eine Auslassung kennzeichnet, etwa wenn Buchstaben oder Silben beim Sprechen und Schreiben weggelassen werden. Der typografisch korrekte Apostroph, der aussieht wie ein kleines, obenstehendes Komma (’), ist nicht das Gleiche wie das gerade Hochkomma der Schreibmaschine ('), das häufig an seiner Stelle verwendet wird. Wer ihn nicht korrekt setzt, arbeitet sprachlich ungenau – auch wenn er in der Schriftsprache eher selten eingesetzt werden muss. In der englischen Sprache spielt er dagegen eine Hauptrolle: Besitzanzeige („the cat’s toy“) oder Kurzformen („don’t“, „it’s“) wären ohne den Apostroph nicht möglich.

Aber auch in deutschsprachigen Texten – besonders in der Wissenschaft – ist die richtige Verwendung des Apostrophs keine Spielerei, sondern ein Qualitätsanspruch. Hätten Sie es gewusst?

Genitiv bei Namen mit Apostroph (falsch übernommen aus dem Englischen)
Falsch:
 Weber’s Theorie der sozialen Handlung ist zentral für die soziologische Klassikerforschung.
✔️ Richtig:
Webers Theorie der sozialen Handlung ist zentral für die soziologische Klassikerforschung.
Warum falsch?
Im Deutschen steht bei Eigennamen im Genitiv kein Apostroph – anders als im Englischen (z. B. Weber’s theory). Die Verwendung eines Apostrophs hier ist nicht korrekt.


Pluralbildung mit Apostroph
Falsch:
 Die NGO’s im Globalen Süden spielen eine zentrale Rolle in der Entwicklungspolitik.
✔️ Richtig:
Die NGOs im Globalen Süden spielen eine zentrale Rolle in der Entwicklungspolitik.
Warum falsch?
 Im Deutschen wird der Plural von Abkürzungen immer ohne Apostroph gebildet. Der Apostroph ist überflüssig und stammt aus der englischen Konvention, bei der er manchmal zur Lesbarkeit eingesetzt wird.


Apostroph bei ausländischen Namen
Falsch:
 Der Text rekonstruiert Pierre Bourdieu’s Konzept des Habitus und dessen Bedeutung für die Sozialisationsforschung.
✔️ Richtig:
Der Text rekonstruiert Pierre Bourdieus Konzept des Habitus und dessen Bedeutung für die Sozialisationsforschung.
Warum falsch?
 Auch bei ausländischen Namen im Deutschen gilt die Genitivregel ohne Apostroph. Das ’s (mit Apostroph) ist im Englischen korrekt, aber im Deutschen nicht.


Gendergerechte Sprache + Genitiv + Apostroph = Stolperfalle
Falsch:
 Die Analyse basiert auf Lehrer*innen’s Einschätzungen schulischer Inklusion.
✔️ Richtig:
Die Analyse basiert auf den Einschätzungen der Lehrerinnen in Bezug auf schulische Inklusion. Oder: … auf den Einschätzungen von Lehrerinnen zur schulischen Inklusion.
Warum falsch?
Die Kombination von Gendersternchen mit dem englischen Genitiv-Apostroph ist ein häufiger Fehler, zeigt aber auch: Sprache ist im Wandel – umso wichtiger ist es, sorgfältig und reflektiert zu formulieren.
 

Für unser Wissenschaftslektorat ist das alles Alltag, denn präzise Sprache ist unser Material. Schließlich beginnt verlässliche Wissenschaft bei der Wahl der richtigen Begriffe und hört beim Satzzeichen längst nicht auf. Ein korrekt gesetzter Apostroph ist Symbol und Haltung zugleich.

Wichtig für barrierefreie Texte, Datenbanken und Suchmaschinen
Die Wirkung des kleinen Apostrophs ist nicht nur für Leser:innen größer, als es auf den ersten Blick erscheint, auch die Technik profitiert von der richtigen Verwendung: In der Barrierefreiheit entscheidet er darüber, ob ein Screenreader Texte sinnvoll vorliest oder Inhalte zerstückelt wiedergibt. Für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen kann das winzige Zeichen den Unterschied zwischen Verstehen und Stolpern markieren. Auch Maschinen – Suchalgorithmen, Datenbanken, digitale Wissenssysteme – sind erstaunlich sensibel für Orthografie. Falsch gesetzte Zeichen beeinträchtigen die Auffindbarkeit und Genauigkeit wissenschaftlicher Informationen.

Kleines Zeichen für Genauigkeit
Als Verlag ist es unser Anspruch, Genauigkeit zu sichern und Fehlerquellen zu minimieren. In der Kombination Lektorat, typografische Feinabstimmung, barrierefreie Aufbereitung und langfristige digitale Verfügbarkeit stellen wir sicher, dass wissenschaftliche Ergebnisse inhaltlich und formal höchsten Ansprüchen genügen. Publizieren mit wbv

Richtig setzen
Für den richtigen Apostroph gibt es alltagstaugliche Shortcuts auf jeder Tastatur und in jedem System: alt + 0146 auf dem Ziffernblock unter Windows oder alt + shift + # am Mac. Ein kleiner Tipp – ein großes Stück sprachlicher Sorgfalt.

geschrieben am 11.09.2025

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