Wenn die Glocken in Gütersloh singen 

Im westfälischen Gütersloh lebt eine Tradition fort, die in Deutschland vermutlich einzigartig ist: das Nachtsanggeläut der Martin-Luther-Kirche. Seit Jahrhunderten wird es in der dunklen Jahreszeit gespielt, nicht automatisch, sondern von Hand. Das Musizieren mit Kirchenglocken ist eine uralte Tradition, die seit 2025 zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe in Deutschland zählt, als Teil des Kulturguts „Glockenguss und Glockenmusik“. 

Am Heiligabend, am ersten Weihnachtstag, zum Silvester sowie an allen Samstagen vom Reformationstag bis Mariä Lichtmess, werden die Glocken von der elektrischen Steuerung abgekoppelt und mit Seilen und Riemen verbunden. Frei Glöcknerinnen und Glöckner bringen die Glocken dann um 19 Uhr die Glocken im alten Glockenturm in Bewegung. Mit Händen und Füßen, mit Muskelkraft und rhythmischem Gespür spiele sie die fünf überlieferten Melodien des Nachtsanggeläuts, die mündlich weitergegeben werden. Sie sind nirgendwo notiert. 45 Minuten dauert das Geläut, das aus sechs Teilen besteht, darunter auch Phasen in denen einzelne Glocken rhythmisch angeschlangen werden – Beiern genannt. 

Ab 1790 ist der `Nachtsang´ in den Chroniken der Evangelischen Kirchengemeinde und der Stadt Gütersloh nachweisbar. Lokalhistoriker gehen aber davon aus, dass dieses Geläut schon viel früher in Gütersloh beheimatet war, so wie es auch in weiten Teilen des Osnabrücker und des Ravensberger Landes damals geläutet wurde und vermutlich etwa 1000 Jahre alt ist. Seit 2025 gehört das Nachtsanggeläut als Teil des Kulturguts „Glockenguss und Glockenmusik“ zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland.

Das Nachtsanggeläut ist nicht nur eine klangliche Besonderheit, sondern auch ein lebendiges Zeugnis westfälischer Kulturgeschichte und verbindet bis heute aufs Schönste Tradition, kulturelles Erbe und Gemeinschaft. 

Wikipedia – Nachtsanggeläut
Gütersloh – Nachtsangeläut
nachtsangelaeut.de