

Das stille Wunder von Oberndorf
oder wie das berühmteste Weihnachtslied der Welt entstand
Still blieb es in der kleinen Kirche von Hilfspriester Joseph Mohr in Oberndorf bei Salzburg, als er den Gottesdienst für die Heilige Nacht vorbereiten wollte. Am Morgen des 24. Dezember 1818 gab die Kirchenorgel von St. Nikola keinen Ton mehr von sich. Mäuse hatten sie komplett zerfressen. Was tun, wenn die Christmette vor der Tür steht und viele Menschen in dieser bitteren Zeit nach den Napoleonischen Kriegen zu Weihnachten Trost in der Kirche suchen? Die Entstehungsgeschichte von Stille Nacht, heilige Nacht ist ein kleines Wunder in einer Zeit, in der viele Menschen unter Armut und Kriegswirren litten.
Mohr braucht also dringend ein Lied, das ohne Orgelbegleitung gesungen werden konnte – und erinnerte sich an ein Gedicht, das er vor zwei Jahren geschrieben hatte. Er eilte zum Nachbarort Arnsdorf, wo sein Freund Franz Xaver Gruber als Lehrer und Organist arbeitete und bat ihn, zu seinem Text eine einfache Melodie für eine Gitarrenbegleitung zu komponieren. Gruber, der selbst aus ärmlichen Verhältnissen stammte, machte sich sofort an die Arbeit und noch am selben Abend erklang „Stille Nacht" zum ersten Mal in einer Christmette.
Mohr sang die Tenorstimme und begleitete auf der Gitarre, Gruber den Bass. Die Gemeinde lauschte ergriffen. Niemand ahnte, dass sich das einfache Lied zum weltweit bekanntesten Weihnachtslied entwickeln würde und es ist auch ein Wunder, wie sich „Stille Nacht, heilige Nacht“ verbreitete.
Als der Orgelbauer Karl Mauracher, nach Weihnachten die defekte Orgel in Oberndorf reparierte, nahm er das Lied mit ins Zillertal. Von dort trugen es reisende Sängergruppen in die Welt hinaus. Bereits 1839 erklang „Stille Nacht" vor der New Yorker Trinity Church. Heute ist „Stille Nacht" in über 300 Sprachen und Dialekte übersetzt. Es wurde von unzähligen Künstlern interpretiert, von Bing Crosby bis Mariah Carey. 2011 erklärte die UNESCO das Lied zum immateriellen Kulturerbe in Österreich.
Die Geschichte von „Stille Nacht" ist auch eine Geschichte der Hoffnung in schweren Zeiten. Obwohl es in einer Zeit der Armut und Unsicherheit entstand, vermittelte das Lied Trost und Zuversicht. Die schlichte Melodie und der eingängige Text berühren Menschen bis heute. Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber hatten weder Ruhm noch Tantiemen im Sinn, als „Stille Nacht“ entstand und ahnten nichts vom späteren Erfolg des Liedes. Mohr starb verarmt, Gruber erlebte zwar noch den Beginn des Erfolgs, blieb aber zeitlebens bescheiden.
Ihr Vermächtnis überdauerte sie um Jahrhunderte und zeigt, wie mit Kreativität und Freundschaft selbst in schweren Zeiten etwas Wunderbares entstehen kann.